Impulsiver Vollblut-Ehrenamtler tritt kürzer

Rhein-Zeitung-Kreis-Ahrweiler, Nr. 61, Seite 24, Bericht und Foto: Hans-Josef Schneider

Löhndorf. Rudi Weiß hat als engagierter Ehrenamtler auf vielen Hochzeiten getanzt, hat sich vor allem in seinem Heimatdorf Löhndorf in fast allen Ortsvereinen meist aktiv betätigt. So in der Feuerwehr, im Sportverein und zuletzt sogar noch im Tambourcorps an der „decke
Drumm“. Seit fast 40 Jahren verheiratet, seit 40 Jahren aktiver Sänger und jetzt auch bald vier Jahrzehnte lang als Fußball-Schiedsrichter im Einsatz, und davon 30 Jahre als Ansetzer für den Seniorenbereich.

Da gibt es viel zu erzählen für den 63-Jährigen, der nach 40-jähriger Dienstzeit bei der Postbank seit Dezember Rentner ist, aber eher als Unruheständler bezeichnet werden sollte. Denn vieles von dem, was ihm in seiner bisher limitierten Freizeit ans Herz gewachsen ist, wird er mit der ihm gewohnten Leidenschaft beibehalten.

Auf eines aber will er künftig verzichten, weil er der Meinung ist, dass man irgendwann loslassen und Jüngeren Platz machen sollte. Er will als Schiedsrichteransetzer und als aktiver Schiedsrichter aufhören, als Beobachter aber weitermachen. „Alles, was mit dem Fußball und
hier in erster Linie mit dem Schiedsrichteramt zu tun hat, bereitete mir immer großen Spaß. Und
ich bin im Nachhinein froh, den Weg eingeschlagen zu haben, nachdem ich feststellen musste,
dass es als aktiver Fußballer nicht zu Größerem reichte.“

Prüfung imMärz 1984 bestanden
Das jedoch hat Weiß als Unparteiischer geschafft. Seitdem er im März 1984 nach erfolgreicher Prüfung seine Laufbahn als Schiedsrichter (bis heute stets für seinen Heimatverein TuS Löhndorf aktiv) begann, hat er rund 2000 Spiele geleitet. Der führte schnell steil nach oben.
Es folgte Aufstieg (1988 in die Bezirksliga) auf Aufstieg (1989 in die Landesliga und 1992 in die Verbandsliga).

Bereits ein Jahr später durfte er die ersten Oberligaspiele pfeifen, am Schluss waren es 125. Das Zeug dazu hatte er, doch sein Alter sprach gegen ihn und den Aufstieg in die Regionalliga. Entschädigt wurde er durch seine Tätigkeit auf der Linie. Als Assistent begann er im Gespann von FIFA-Schiedsrichter Edgar Steinborn aus Sinzig. Auch bei den renommierten Bundesliga- Referees Herbert Fandel und Alfons Berg durfte er winken. Als Höhepunkte
seiner Karriere bezeichnet „Rolfi“, wie ihn seine Mutter nannte, die Auszeichnung zum Schiedsrichter des Jahres (2006) und die Leitung des Rheinland-Pokalfinales 2002 zwischen der TuS Koblenz und demFSV Salmrohr.

In schlechter Erinnerung geblieben
In eher schlechter Erinnerung geblieben ist ihm ein Spiel in Hauenstein („Da herrschte immer eine besondere Atmosphäre“), als er nach drei Gelb-Roten Karten gegen die Heimelf und einer Roten Karte gegen die Gäste vor erzürnten Zuschauern geschützt, das Spielfeld verlassen musste.

Rudolf Weiß (so steht es im Ausweis) stand auf dem Spielfeld stets seinen Mann, war immer auf Ballhöhe, setzte sich energisch durch gegen Spieler und Zuschauer und erwies sich auch als ein versierter Teamworker. „Im oder später mit Gespann hat mir das Pfeifen besonders
 Freude gemacht. Mir gefiel das Arbeiten im Gespann, da entwickelten sich dauerhafte Freundschaften. Gern denke ich an die Zeiten zurück, als wir in der Amateuroberliga Südwest und der 2. Bundesliga unterwegs waren und oft nach dem Schlusspfiff noch mit den Spielern zusammensaßen und manches Kühlgetränk zu uns nahmen. Heutzutage undenkbar, dass
wir seinerzeit mit dem VfB Lübeck den Liga-Abstieg feierten.“

Es gab auch damals schon einige Hundert Mark pro Einsatz, aber oft musste Weiß Urlaubstage opfern – in einem Jahr waren es sogar zwei Wochen. „Aber das war mir die Sache wert, ich habe es niebereut.“

Mann des offenen Wortes
Aufgrund seiner impulsiven Art, als Mann des offenen Wortes und als einer, der auch mal laut werden kann, wenn ihm der Kragen platzt, hatte es Weiß anfangs nicht leicht als Schiedsrichteransetzer. Begonnen hat er seine Tätigkeit im Kreis-Schiedsrichterausschuss als Rerefent für den Nachwuchs, später übte er das Amt des Lehrwarts aus und war als solcher für die Ansetzung der Kreisliga A und der überkreislichen Jugendklassen zuständig. Seit 2009 setzt er alle Seniorenspiele auf Kreisebene an.

Weiß: „Da kann ich auch ausflippen“
Manche bezeichnen ihn als einen Hardliner. „Ich kann es einfach nicht leiden, wenn ich nach Strich Faden belogen werde. Da kann ich auch mal ausflippen. Ansonsten komme ich mit meinen Kameraden gut zurecht. Ich kenne meine Pappenheimer und weiß, wie ich sie anpacken muss. Die Erfahrung aus als drei Jahrzehnten erleichtert das Alltagsgeschäft. Manche wollen einfach nicht begreifen, dass ich das nicht beruflich mache, sondern nur im Ehrenamt.“

Weiß ist auch schon seit 2006 als Beobachter aktiv (anfangs in der Frauen-Bundesliga, Regionalliga und Oberliga), inzwischen nur noch auf Verbandsebene. Wenn er auch demnächst die Pfeife an den Nagel hängt, beobachten will er noch weiter. „Es widerstrebt mir allerdings, Noten zu verteilen, auch wenn das sein muss. Mir ist mehr daran gelegen, dem jeweiligen Schiedsrichter seine Schwächen und Stärken bewusst zu machen und ihm mit Tipps weiterzuhelfen.“

Urteil über die aktuelle Situation
Als einer, der so lange aktiv ist und alle Entwicklungen hautnah miterlebt hat, kann sich Weiß ein Urteil über die aktuelle Situation im Schiedsrichterwesen erlauben: „Es gibt immer weniger, die über das Soll von nur zwölf Begegnungen pro Saison hinaus bereit sind, öfter zur Pfeife zu greifen. Haarsträubend und kurzfristig sind oft die Ausreden, zu attraktiv sind andere Freizeitbeschäftigungen.
Und was wollen wir denn mit einem Zwölfjährigen anfangen, wo sollen wir den einsetzen? Es war noch nie so schwer wie derzeit für mich, alle Seniorenspiele mit Unparteiischen zu besetzen. Längst vorbei sind die Zeiten, als wir im Kreis noch über mehr als 200 Schiedsrichter verfügten.“

Anschrift

SV Rheinland Westum
In der Galters 20
53489 Sinzig - Westum
Tel. 02642/42758
www.sv-westum.de

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