FVR: Am 27. März soll Saison abgebrochen werden
Region.
Es brauchte am Montagabend ungefähr fünf Minuten, da kannten die
Vereinsvertreter der Fußball-Rheinlandligisten die Richtung, in die sich
das Szenario mit jetzt offenbar großen Schritten bewegt. Nachdem der
Rheinlandliga-Spielleiter und Verbandsspielausschussvorsitzende Bernd
Schneider (Wissen) die Telefonkonferenz eröffnet und das Wort an den
Präsidenten des Fußballverbandes Rheinland (FVR), Walter Desch,
weitergegeben hatte, sorgten dessen Worte schnell für Klarheit: Die
Fußballsaison 2020/21 steht vor dem Abbruch.
Diese Empfehlung werde Desch in die Sitzung des
FVR-Beirats am 27. März einbringen. Zuletzt hatte der Präsident über die
rheinländische Fußballlandschaft immer noch auf eine mögliche
Saisonfortsetzung gehofft, mit dem 18. April sogar schon ein Datum für
die denkbare Wiederaufnahme des Spielbetriebs in den Raum geworfen und
aus Reihen der Vereine dafür teilweise viel Unverständnis und auch
Gegenwind geerntet. Gespräche mit dem rheinland-pfälzischen
Innenministerium hätten nun endgültig aufgezeigt, dass in Anbetracht
steigender Corona-Infektionszahlen und Inzidenzwerte in den nächsten
Monaten nicht an Amateursport zu denken sei.
Nach Angaben eines Teilnehmers soll Desch erklärt
haben, die vor gut zwei Wochen Einzug haltenden Nachrichten über
Öffnungen und Lockerungen von Maßnahmen hätten beim FVR-Präsidenten zu
einer zu euphorischen Wahrnehmung geführt, auch den Fußball nach
Möglichkeit wieder an den Start zu bringen. Dieses Thema scheint sich
jetzt bis auf Weiteres erledigt zu haben, was der Auffassung der Vereine
aus der höchsten Verbandsklasse entspricht.
Die teilnehmenden Trainer, Vorsitzenden und
Abteilungsleiter sprechen flächendeckend vom einzig richtigen Schritt,
dessen Finalisierung durch den Verbandsbeirat Ende des Monats offenbar
nur noch Formsache zu sein scheint. Mehr als drei Viertel der
Rheinlandligaklubs stehen laut Bernd Schneider hinter dieser Empfehlung.
Allerdings hält sich der Wissener mit Voraussagen noch zurück: „Eine
Zusage über einen Abbruch können wir noch nicht geben. Wir warten ab,
was die Ministerpräsidentenkonferenz am 22. März bringt, und werden
natürlich sehen müssen, wie unser Verbandsbeirat entscheidet.“ Er
bestätigte, dass die Annullierung als Vorlage in die Sitzung eingebracht
werden soll.
Kurios für Kim Kossmann: Zwei Abbrüche in anderthalb Jahren
Keine große Überraschung war die Ankündigung des
Saisonabbruchs für Kim Kossmann, den Trainer der Rheinlandligamannschaft
der SG 99 Andernach. „Man konnte sich nun über Wochen auf diese
Entscheidung vorbereiten, die wir als absolut richtig empfinden. Doch es
tut natürlich etwas weh. Als Tabellenführer hätten wir gerne
weitergemacht und die guten Leistungen bestätigt“, sagt Kossmann und
ergänzt: „Es ist schon kurios, dass ich in meiner eineinhalbjährigen
Zeit als Trainer zwei Abbrüche erlebt habe. Einen auf einem
Abstiegsplatz, nun auf Platz eins. Es ist aber gut, dass nun Klarheit
herrscht. Wir hoffen auf den Neustart im Spätsommer. Dann ist es bald
ein Jahr ohne Fußball, man vermisst die Geselligkeit schon sehr.“
Etwas mehr enttäuscht über die Entscheidung ist
Harald Heinemann, der Fußball-Abteilungsleiter der SG Mendig/Bell. „Man
ist natürlich enttäuscht. Nachdem man letzte Woche mit leichtem Training
beginnen konnte, war etwas Optimismus da. Aber die steigenden und
unterschiedlichen Inzidenzwerte in den Kreisen haben schnell gezeigt,
dass es sehr schwierig werden würde. Daher haben auch wir für einen
Abbruch gestimmt“, erzählt Heinemann, dessen SG Eintracht auf dem
dritten Tabellenplatz steht und gerne an die guten Leistungen vom
September und Oktober angeknüpft hätte. „Aber es war auch spürbar, dass
es nicht leicht werden würde nach dieser langen Pause, schnell wieder
die richtige Motivation aufzubringen. Wir müssen jetzt abwarten, wie der
Verband hinsichtlich des Pokalspiels gegen Rot-Weiß Koblenz entscheiden
wird, da haben wir derzeit noch gar keine Idee“, sagt Heinemann, der
damit auf das Spiel der dritten Rheinlandpokalrunde gegen den
Regionalligisten aus Koblenz anspielt. Wenigstens den Rheinlandpokal
wollte und will der Verband um Walter Desch unbedingt zu Ende bringen.
Dabei geht es auch um viel Geld des Namenssponsors.
Ob Rheinlandpokal oder Rheinlandliga, für Tobias
Uhrmacher, den Trainer des TuS Mayen, ist ein Saisonabbruch „die
logische Konsequenz aus der jüngsten Entwicklung“. Unter den derzeitigen
Umständen konnte sich Uhrmacher eine Fortsetzung der Saison auch nicht
mehr vorstellen. „Klar hätten wir unseren guten sportlichen Lauf gerne
fortgesetzt, aber es gilt nun einfach, auch den gesellschaftlichen
Auftrag zu erfüllen“, sagt Uhrmacher. Die Eifeler hatten bis zum
Saisonabbruch in neun Spielen viermal gewonnen und den fünften Platz
belegt.
Metternichs Lommer: Ich hoffe, dass Jugend noch spielen kann
Während Andernach, Mendig/Bell und Mayen vorn in
der Rheinlandliga platziert sind und bei einer Fortsetzung der Saison
noch um den Aufstieg hätten mitspielen können, bedeutet der Abbruch für
Aufsteiger FC Metternich, auf Nichtabstiegsplatz zwölf positioniert, den
Klassenverbleib. Das ist aber nicht der Grund, warum Tobias Lommer,
Spieler und 2. Vorsitzender Germania, sagt: „Der Saisonabbruch und die
Annullierung ist absolut nachvollziehbar und unvermeidlich. Eine Saison
unter den Restriktionen zu Ende zu führen, im Rahmen des angedachten
Zeitraumes, ist schlicht nicht möglich. Die schwierigen Bedingungen
hinsichtlich Verletzungsgefahr und englischer Wochen sind hinlänglich
diskutiert worden.“ Das sieht der umtriebige Lommer jedenfalls so für
die Rheinlandliga. „Für den Jugendbereich ist es schwerer zu sagen. Da
hoffen wir noch darauf, dass, in welcher Form auch immer, zumindest ein
wenig gespielt werden kann“, sagt Lommer.
Gar nicht gut gelaufen ist die Saison bisher für
den Ahrweiler BC, der in der vergangenen Spielzeit noch um die
Meisterschaft gespielt hatte. Beim Saisonstopp im vergangenen Jahr
belegte der ABC punktgleich mit dem Vorletzten SG Ellscheid und dem
Drittletzten TuS Montabaur den 15. Platz. „Wir haben uns klar für den
Abbruch ausgesprochen. Es ist derzeit nicht zu bewerkstelligen. Für die
Spieler ist es gefährlich ohne richtige Vorbereitung. Auf die Vereine
kämen Kosten zu, ohne dass man Zuschauereinnahmen hat“, erklärt
ABC-Abteilungsleiter Gianfranco Di Francesco und betont: „Jeder will
gerne spielen, wenn es nur möglich wäre. Auch wenn für unseren Verein
Abstiegsgefahr bestand, hätten wir gerne die Saison irgendwie
fortgesetzt und waren überzeugt, dass wir die Klasse mit der vorhandenen
Qualität sicher gehalten hätten. Nun besteht aber endlich
Planungssicherheit, das ist für alle Beteiligten wichtig.“
Sportlich profitieren vom Abbruch wird auch der SV
Windhagen. Das Team von Trainer Richard von Klaas hätte als
Schlusslicht mit vier Punkten Rückstand die Saison fortgesetzt. „Es ist
gut, dass nun Klarheit herrscht und somit Planungssicherheit. Wir hätten
uns unabhängig unserer Tabellensituation für einen Abbruch
entschieden“, sagt von Klaas. Für den Windhagener Trainer macht eine
Fortsetzung der Saison keinen Sinn. „Aufgrund der steigenden Werte ist
unklar, wann wir überhaupt wieder auf den Platz gekonnt hätten.
Eigentlich wollten wir in dieser Woche mit dem kontaktlosen Training
beginnen. Eine ungenügende Vorbereitung reicht nicht, da ist der
Gesundheitsaspekt ganz entscheidend, gerade nach dieser langen Zeit ohne
Training“, begründet von Klaas.
Malbergs Heun wunderte sich über das Herumgeeiere
Bei den Rheinlandligisten aus den Kreisen
Westerwald und Altenkirchen herrscht ebenfalls Einigkeit darüber, dass
die unterbrochene Saison bald eine abgebrochene sein soll. „Das wäre die
vernünftige und richtige Lösung. An Fußball ist momentan nicht zu
denken. Wir sollten nach vorne schauen und guter Dinge auf eine Saison
2021/22 hinarbeiten, dann hoffentlich wieder mit Zuschauern“, sagt
Thomas Nauroth, Vorsitzender des VfB Wissen. Auch für Marco Schütz, noch
Vorsitzender der SG Neitersen/Altenkirchen, war dieses Ergebnis „völlig
klar“: „Ich konnte die Irritationen, die Walter Desch angeschubst hat,
indem er zunächst meinte, die Saison sollte, wenn irgendwie möglich,
fortgesetzt werden, nicht verstehen. Jetzt haben wir Planungssicherheit.
Alles andere wäre Käse gewesen.“
In die gleiche Richtung äußert sich Volker Heun.
Der Trainer der SG Malberg sagt: „Ich habe mich die ganze Zeit gefragt,
was dieses Herumgeeiere soll. Wie hätte man es verkaufen und erklären
sollen, dass Amateurfußball gespielt wird, aber Geschäfte nicht öffnen
dürfen? Wir wissen nun einmal nicht, wo die Reise mit dem Virus hingeht.
Ich bin froh, dass jetzt wohl Klarheit einkehrt. Man sollte vorsichtig
ins Auge fassen, nach einer möglicherweise längeren Pause Anfang
September mit der neuen Saison zu starten. Das könnte realistisch sein,
aber wir müssen natürlich abwarten, was in nächster Zeit passiert.“
Zufrieden mit der Telefonkonferenz der
Rheinlandligisten und dem Ergebnis ist auch Christian Schneider,
Sportlicher Leiter beim TuS Kirchberg: „Es ist erst einmal gut, dass
offen mit dem Thema umgegangen worden ist und die Vereine mit auf den
Weg genommen wurden. Es herrscht bei den Rheinlandligisten Einigkeit,
dass es zum Abbruch keine Alternativen gibt.“ Warum, erklärt Schneider
so: „Mit einer kurzen Vorbereitung so eine hohe Belastung, das wäre den
Vereinen nicht zuzumuten gewesen, das macht keinen Sinn. Zum
Rheinlandpokal wurde gesagt, dass vielleicht versucht wird, den
Endspieltag zu verlegen und dann die weiteren Runden in die Vorbereitung
der nächsten Saison zu integrieren, das waren aber nur Gedankenspiele.
Genauso wie die Gedanken, eventuell aus der 18er-Liga kommende Saison
zwei Neunerligen zu machen. Für uns wäre das nicht attraktiv, wenn wir
dann in den Westen müssten, aber das wurde nur mal angedacht. Man muss
das alles mal abwarten. Wir hoffen alle, dass irgendwann die Impfungen
so fortgeschritten sind, dass man mit Beginn der neuen Runde wieder mit
Zuschauern spielen kann.“ lkl, rwe, mb, ros, sle
Mit 1:0 besiegte die SG Andernach (blaue Trikots)
den TuS Mayen im Rheinlandligaderby Mitte September, es war damals der
dritte Spieltag, und sogar Zuschauer waren zugelassen. Mittlerweile sind
sich fast alle einig, wie sich auch bei einer Telefonkonferenz mit den
Rheinlandligaklubs herausgestellt hat, dass die Saison abgebrochen
werden muss. „Die Entscheidung ist absolut richtig, sie tut aber auch
etwas weh“, sagt Andernachs Trainer Kim Kossmann, der mit seinem Team an
der Spitze steht, aber nun nicht mehr aufsteigen kann. Foto: Andreas
Walz
Fußball
Rheinlandliga
1. SG 99 Andernach 9 27: 6 22 2. SG
Hochwald Zerf 9 26: 7 19 3. SG Eintracht Mendig/Bell 9 19: 8 19 4.
FSV Trier-Tarforst 9 19:13 17 5. TuS Mayen 9 14:12 15 6. TuS
Kirchberg 9 20:15 13 7. SG Schneifel Auw 9 11:12 12 8. SV Mehring 9
11:17 12 9. VfB Wissen 9 11:13 11 10. SG Malberg 8 10:12 10 11. FV
Morbach 9 12:16 10 12. FC Metternich 7 10:14 9 13. FC Bitburg 6
8:12 8 14. SG Neitersen/Altenkirchen 9 11:20 8 15. Ahrweiler BC 8
9:10 7 16. TuS Montabaur 8 11:19 7 17. SG Alfbachtal Ellscheid 9
6:15 7 18. SV Windhagen 7 8:22 3
Anmerkung: Die Saison soll abgebrochen werden.
Weil die Hinrunde in der Rheinlandliga noch nicht beendet wurde, ist
keine Wertung möglich, sodass es weder Auf- noch Absteiger gibt.
Sportlich ist das zum Beispiel für Mannschaften wie die SG 99 Andernach
und die SG Eintracht Mendig/Bell, die vorn in der Tabelle platziert
sind, schade. Dafür profitieren Mannschaften wie das Schlusslicht SV
Windhagen und die ebenfalls abstiegsgefährdeten Klubs Ahrweiler BC und
FC Metternich.
Dem Ball hinterherjagen, das müssen Ajdin Sukalic
(rotes Trikot) und seine Mitspieler des Ahrweiler BC in dieser
Fußballsaison nicht mehr. Die Rheinlandligisten haben sich einhellig für
einen Abbruch entschieden. Und der Anstieg der Infektionszahlen und die
auch durch das Aussetzen der Impfung mit dem Impfstoff Astrazeneca
immer schlimmere Situation der Corona-Pandemie hat nun auch das
Präsidium des Fußballverbandes Rheinland umgestimmt: Bei der
Beiratssitzung am 27. März soll die Saison im Rheinland komplett
abgebrochen werden.
Quelle:
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